K5 Geschichten – Die Welt in Basel

Es kommt im K5 schon mal vor, dass in einer Deutschklasse zwölf Nationen vertreten sind. Unsere Kursteilnehmenden kommen aus über 130 Nationen und bringen ihre eigene, besondere Vergangenheit in den Deutschunterricht mit. Unsere Deutschkurse schlagen eine Brücke zwischen dem früheren Leben mit der eigenen Sprache und dem heutigen Leben in der Region Basel mit der neuen Sprache. Denn wenn jeder Mensch sein Potenzial entfalten kann, entsteht echte Vielfalt, die gemeinsam als Chance genutzt werden kann. Drei Teilnehmende erzählen ihre Geschichte.

Neue Wurzeln schlagen – Olha K.

Olha kam als Geflüchtete in die Schweiz – ausgebildet, lebenserfahren, aber vor der Herausforderung, von null zu beginnen. Sie lernte Deutsch, suchte Anschluss, baute sich ein neues Leben auf. Ihre Stärke? Kontakte knüpfen. Sie engagierte sich über den Deutschkurs hinaus, besuchte Konversationsgruppen und begann schliesslich selbst eine Kreativgruppe zu leiten.

«Ich selbst habe erkannt, wie glücklich mich die Kunst macht, und ich möchte dieses Gefühl mit euch teilen!»

Olha, ehemalige Teilnehmerin K5 Deutschkurse

Olha erzählt am K5 Frauenfrühstück aus ihrem Leben

Guten Morgen!
So viele Frauen! Es freut mich sehr, euch meine Geschichte erzählen zu dürfen. Dies ist das erste Mal, dass ich vor einem so grossen Publikum spreche. Dementsprechend bin ich sehr nervös.

Also, mein Name ist Olga. Ich bin 41 Jahre alt. Und ich komme aus der Ukraine, aus der Stadt Charkiw. Seit 3 Jahren lebe ich in der wunderschönen Stadt Basel. Hier bin ich allein, aber diese Zeit hat mir geholfen, mich selbst zu entdecken und mich weiterzuentwickeln.

In der Ukraine habe ich viele Jahre als Buchhalterin gearbeitet. Aber ich habe immer davon geträumt, zu malen. Damals dachte ich, dass Kunst nicht seriös genug ist. Und erlaubte mir nicht, das zu tun, was mir wirklich Freude macht. Doch in der Schweiz habe ich endlich diesen Traum verwirklicht. Endlich erlaube ich mir, diese Seite meines Lebens zu offenbaren. Ich habe angefangen zu malen!

Ich male mehr als ein Jahr aktiv. Jetzt leite ich zwei freiwillige Kunstprojekte für Erwachsene und Jugendliche. Ein Projekt von K5 und das zweite von Roten Kreuz. Beide Projekte geben mir die Möglichkeit, meine Liebe zur Kunst zu teilen, anderen Menschen zu helfen und zu sehen, wie Kunst ihre innere Welt verändert.

Ich zeige euch, was wir malen. Zum Beispiel hier ist eine Sri-Yantra, eine Mandala. Ich experimentiere gerne und probiere verschiedene Kunst-Techniken aus: Fluid Art, Konturen-malerei, Point-to-Point, Aquarell, Petrykiwka-Malerei (das ist eine ukrainische Volkskunst) und mehr.

Zurzeit nehme ich an zwei Programmen teil: einem Coaching-Programm bei Impiega und beim Mentoring-Programm MinQ. Ausserdem suche ich aktiv nach einer Arbeit im Bereich Kunst oder Kunsttherapie. Ich praktiziere Yoga und besuche die Musik-Akademie in Basel, um mich weiterzuentwickeln. Auch verbessere ich weiterhin mein Deutsch.

Im Jahr 2022, als ich schon in der Schweiz war, habe ich in der Ukraine ein Fernstudium online begonnen und einen Abschluss in Psychologie gemacht. Ausserdem habe ich eine Ausbildung als Naturheilpraktikerin in 2023 online abgeschlossen. Ich mag alles Natürliche und vermeide Chemikalien im Haushalt. Ich liebe die Natur, Tiere und Blumen – alles, was die Welt schöner macht.

Mein Traum ist es, grosse Kunsttherapie-Treffen für Frauen zu organisieren, bei denen wir einzigartige Bilder schaffen, entspannen und innere Harmonie finden können. Ich habe bereits mit Kindern in der ukrainischen Schule „Barvinok“ gearbeitet, aber habe erkannt, dass meine Berufung die Arbeit mit Frauen ist. Es ist faszinierend zu sehen, wie Kunst Menschen hilft, sich selbst zu entdecken.

Ich selbst habe erkannt, wie glücklich mich die Kunst macht, und ich möchte dieses Gefühl mit euch teilen!

Ich freue mich auf neue Bekanntschaften und Kooperationen. Deshalb lade ich euch alle herzlich in unseren Kunstclub ein! Alle, die Interesse haben, können auf mich zukommen. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!

Und noch ein wichtiger Punkt! Ich möchte jetzt eines meiner Lieblingsbilder einer wundervollen Frau schenken, die diese Treffen organisiert, bei denen wir uns unterhalten, Geschichten aus unserem Leben austauschen und Erfahrungen teilen können. Bitte, Selzime, dieses Bild ist für dich. Ich hoffe, es wird dein Zuhause verschönern!

Olha K., K5 Frauenfrühstück, 23.11.2024

 

Vom Deutschkurs zur Kita – Alines Reise des Ankommens, der Herausforderungen und Chancen

„Das K5 war für mich der Beginn einer neuen Etappe. Es gab mir die Möglichkeit, Deutsch zu lernen, während mein Sohn in der Kinderbetreuung war – das war für mich ein Geschenk. Es war nicht nur ein Sprachkurs, sondern ein Ort, an dem ich mit anderen Kulturen in Kontakt kam und mich gleichzeitig als Mutter und Frau weiterentwickeln konnte.“
– Aline, ehemalige Teilnehmerin K5 Deutschkurse

Heute, 25 Jahren später, arbeitet Aline in einer Kita. Zufällig entdeckt sie eine Mutter in der Kita, die ebenfalls beim K5 arbeitet. Wie sich ihre Wege kreuzen und welche Herausforderungen Aline überwunden hat, lesen Sie im Interview von Carolin Reichmuth, K5 Ressortleiterin Infopunkt und Berufsbildnerin:


Wie haben wir herausgefunden, dass du am K5 arbeitest und vor 25 Jahren hier Deutschkurse besucht hast?

Du kamst mit der Sponsorenliste für den Lauf gegen Grenzen in die Kita, und so kamen wir ins Gespräch. Es war erstaunlich, wie sich unsere Wege wieder kreuzen – du arbeitest also beim K5, und ich habe vor vielen Jahren genau hier Deutsch gelernt!

Wie war es für dich, deinen Sohn Thomas im Alter von sieben Monaten bei uns in die Kinderbetreuung abzugeben, während du den Deutschkurs besucht hast?
Es war eine sehr gute Erfahrung. Ich wusste, dass Thomas in der Nähe war, und im Notfall würden sie mich anrufen. Am wichtigsten war für mich, dass ich Zeit für mich hatte, um die Sprache zu lernen und mich persönlich weiterzuentwickeln. Ich konnte mich nicht nur um meine Familie kümmern, sondern auch etwas für mich selbst tun.

Gab es damals schon eine Eingewöhnungszeit für die Kinderbetreuung?
Ja, wenn ich mich richtig erinnere, gab es eine Eingewöhnung – nicht lang, vielleicht ein oder zwei Tage. Danach war Thomas in der Betreuung und ich im Kurs.

Wie hast du es empfunden, mit so vielen verschiedenen Kulturen in Kontakt zu kommen?
Es war eine unglaublich bereichernde Erfahrung. Besonders faszinierte mich, dass in meiner Klasse auch zwei Frauen waren, die Analphabetinnen waren, aber trotzdem Deutsch lernten. Eine Frau trug ein Kopftuch, das sie während des Kurses ablegte. Ich erfuhr, dass sie es nur abnahm, wenn sie mit Frauen zusammen war. Solche Einblicke in andere Kulturen haben mir viel bedeutet.

Was hat dich ursprünglich in die Schweiz geführt?
Ich habe Sozialarbeit in Rio de Janeiro studiert, doch nach meinem Abschluss fand ich keine Arbeit. In Brasilien gab es viele Strassenkinder, aber die Arbeitsmöglichkeiten waren begrenzt. Meine Cousinen in der Schweiz luden mich immer wieder ein. Als ich ankam, war ich hin- und hergerissen: Einerseits vermisste ich meine Familie, andererseits fand ich die Schweiz faszinierend. Dann traf ich meinen Mann, und unser gemeinsames Leben begann.

Wie kamst du zum Deutschkurs?
Ich arbeitete in einer amerikanischen Kita, aber nach der Geburt meines Sohnes war ich arbeitslos. Das Arbeitsamt schickte mich dann zum Deutschkurs. Sie übernahmen die Kosten für den Kurs und die Kinderbetreuung – was eine riesige Hilfe war.

Wie war es für dich, in den Deutschkurs zu gehen?
Ich war zunächst sehr nervös, vor allem am ersten Tag. Aber schon bald fühlte ich mich wohl. Besonders meine Lehrerin Theres und eine andere Lehrerin, die ich später wieder traf, haben mir sehr gefallen. Die Atmosphäre war persönlich, und es gab nur eine kleine Gruppe für die Kinder. Ich war stolz, diesen Kurs besuchen zu können, besonders weil er damals als der Beste galt.

Hast du nach dem Deutschkurs sofort eine Stelle gefunden?
Nicht direkt. Ich wollte zuerst mein Deutsch weiter verbessern. Mein Mann kommt aus Deutschland und hat gearbeitet, während ich mich um unseren Sohn kümmerte. Als er in den Kindergarten kam, gab es Herausforderungen – da er dreisprachig aufwuchs. Heute studiert Thomas in St. Gallen.

Und wie war deine erste Arbeitsstelle nach dem Deutschkurs?
Meine erste Stelle war bei IKEA, wo ich Regale auffüllte. Ich wollte unbedingt arbeiten. Später wurde ich mit unserem zweiten Kind schwanger und hörte auf dort zu arbeiten.

In deiner Heimat hast du Sozialarbeit studiert, aber hier wird deine Ausbildung nicht anerkannt. Wie gehst du damit um?
Da mein Studium in der Schweiz nicht anerkannt ist, kann die Kita mich leider nur als Assistentin anstellen. Das schmerzt, da ich über umfangreiches Wissen und viel Erfahrung verfüge. Zwei Jahre lang unterstützte mich meine Vorgesetzte, die Anerkennung meiner Ausbildung zu erreichen, aber ich musste feststellen, dass ich in der Schweiz nochmal eine Ausbildung machen müsste – und das möchte ich nicht. Es fühlt sich an, als würde meine ursprüngliche Ausbildung abgewertet. Eine verkürzte Ausbildung zur Fachangestellten für Gesundheit (FaBe) könnte ich machen, aber das ist zeitlich nicht möglich.

Wie hast du dich mit dieser Situation abgefunden?
Es ist nicht einfach, aber so ist es eben. Ich habe mich damit abgefunden, auch wenn es schwerfällt. Es gibt viele Hürden, aber ich versuche, das Beste daraus zu machen und mein Leben weiter zu gestalten. Ich liebe mein Leben so wie es ist.

Interview mit Aline, 14.3.2025 von Carolin Reichmuth, K5 Ressortleiterin Info-Punkt und Berufsbildnerin

 

Von Herausforderungen zu Möglichkeiten: Alines persönliche Entwicklung

Alines Geschichte zeigt, wie herausfordernd, aber auch bereichernd der Weg der Integration in ein neues Land sein kann. Trotz der vielen Schwierigkeiten und Enttäuschungen hat sie nie aufgegeben. Ihre Reise durch Sprache, Kultur und den Arbeitsmarkt in der Schweiz ist ein kraftvolles Beispiel für Durchhaltevermögen und die Suche nach Chancen inmitten von Herausforderungen.

Ahmed Hassan
Ahmed Hassan
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Ahmed aus Syrien

«Die Hafenstadt Tartus am Mittelmeer ist der zweitgrösste Güter-Umschlagplatz in Syrien. Von dort führt eine Autobahn über Homs und Damaskus nach Jordanien und weiter durch Saudi-Arabien nach Kuwait. An dieser Autobahn lag nahe Damaskus unser Unternehmen. Mein Bruder war der Chef. Dort produzierten wir rund 500 kg Süsswaren täglich im Steinbackofen. Zu den rund 20 Sorten gehörten Harise, Mabruma, Baklava und Kolikivskeer. Dafür verarbeiteten wir Ingredienzien höchster Qualität und bester Herkunft. Mehl, Schafsmilch, Gries, Nüsse, die einzigartigen Pistazien aus der Aleppo-Gegend und Zitronen. Wir hatten uns einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet und belieferten Kunden aus nah und fern. Ich studierte Journalismus an einer privaten Universität und interessierte mich für die Bodenschätze unseres Landes: Erdöl, Phosphat, Gas, Gewürze, Weizen oder Baumwolle. Ich wollte viel wissen … Wohin wurden diese Schätze geliefert und wohin ging der Erlös? Für diese Fragen kam ich mit 17 Jahren für zwei Tage ins Gefängnis und wurde danach beobachtet und kontrolliert. Zwei Jahre später stand der obligatorische Militärdienst an, den ich in den Reihen der Polizei in einem Gefängnis absolvierte. Dort sassen zahlreiche Regimekritiker. Ich half vielen davon und erweiterte in dieser Zeit mein Netzwerk von Gleichgesinnten. Anschliessend arbeitete ich wieder in unserer Süsswarenfabrik. Die politische Spannung stieg unterdessen und mir wurde klar, dass ich mein Land verlassen musste. 2005 fasste ich Fuss in Kairo und reiste ein paar Monate später in die Schweiz ein. Der Bürgerkrieg in Syrien begann erst einige Jahre später. Ich bin also nicht als Flüchtling hierhergekommen, kann aber aufgrund meiner politischen Geschichte nicht zurück in meine Heimat.

In Basel arbeitete ich als Küchenhilfe in verschiedenen Etablissements. Am liebsten würde ich ein eigenes Geschäft hier aufbauen. Dazu benötige ich aber verschiedene Bewilligungen und gute Deutschkenntnisse. Das brachte mich ins K5. Hier habe ich mich auf Anhieb sehr wohl gefühlt und konnte meine Sprachkenntnisse massgeblich verbessern.

Die Erinnerungen an mein früheres Leben machen mich traurig. Aus der Ferne habe ich zugesehen, wie meine Familie und Freunde alles verloren oder im Krieg umkamen. Mein Land ist zerstört, auch unser Süsswarenbetrieb. Nicht einmal Fotos habe ich davon.»

Interview und Text Suzanne Rouden, Kursleiterin K5

Hassan aus Somalia

Eine Geschichte über Flucht und Ankommen 

Ich floh vor dem Bürgerkrieg in Somalia und kam 1993 als Flüchtling in die Schweiz nach Basel. Die Flucht war damals der einzige Weg für mich, mein Leben zu retten. Nach 6 Monaten in der Schweiz erhielt ich den Ausweis F und konnte mir Arbeit suchen. Ich sprach kein einziges Wort Deutsch, fand aber trotzdem eine Stelle in einem Hotel. Mit dem dort verdienten Geld finanzierte ich meinen ersten Deutschkurs. Ein weiterer Deutschkurs im K5 half mir dabei, meine Sprachkenntnisse zu vertiefen.

Ich hatte tolle Kursleiterinnen und stehe noch heute in Kontakt mit ihnen. Heute arbeite ich bei einer Sicherheitsfirma, übersetze und gebe Kurse in gewaltfreier Kommunikation. Mein Wunsch ist es, dieses Handwerk auch in Somalia zu verbreiten. Seit meiner Flucht war ich nicht mehr dort.

Interview, Carolin Reichmuth, Leiterin InfoPunkt

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Hassan Ismail
«Der Deutschkurs im K5 half mir dabei, meine Sprachkenntnisse zu vertiefen.» 
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Jetmire

Jetmire besuchte den Verkaufskurs und absolvierte das Praktikum im Coop, wo sie im Anschluss eine Anstellung erhielt. Dieses Erfolgserlebnis gab ihr so viel Mut und Selbstvertrauen, dass sie es kurz darauf wagte, ihren eigenen Lebensmittelladen zu eröffnen, den sie mit Erfolg führt.

Über uns

Durch Sprache und Begegnung fördern wir die soziale und berufliche Integration von Migrantinnen und Migranten und schaffen damit eine Basis für die gemeinsame Zukunft.

Kontakt

K5 Basler Kurszentrum
Gundeldingerstrasse 161
CH-4053 Basel

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